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Interview mit Frank Wille

Oftmals ist der Name eines Programmierers untrennbar mit einem, "seinem" (oder natürlich auch "ihrem") Programm verbunden. Umso leichter fällt es, den Betreffenden in einem kurzen Abschnitt vorzustellen und seine Leistungen für den Amiga zu würdigen. Bei Frank Wille ist das unmöglich. Der Herforder ist schon vor vielen Jahren durch zwei bemerkenswerte Programmierprojekte bekannt geworden - für den Makro-Assembler "PhxAss", der u. a. Bestandteil der Basic-Compiler-Distribution "ASMBasic" wurde, und für den Linker "PhxLnk", der lange Zeit die einzige (ernsthafte) Alternative zum Amiga-Klassiker "BLink" war. Doch Frank Wille hat sich nicht auf dem frühen Ruhm ausgeruht, sondern seitdem in schöner Regelmäßigkeit aufsehenerregende Programme veröffentlicht. Mit der "ppclibemu" gelang es ihm zuletzt, eine Brücke über den wohl größten Graben des Amiga-Marktes zu spannen - sie ermöglicht die Emulation der phase 5-PowerPC-Kernels PowerUP im Rahmen der Konkurrenzlösung WarpOS, so dass Amiga-PPC-Anwender erstmals in die Lage versetzt wurden, Programme beider "Glaubensrichtungen" nutzen zu können, ohne den Rechner neu starten zu müssen.


AG: Üblicherweise haben Programmierer ihre Spezialgebiete - Du beweist mit Deinen Programmierprojekten hingegen eine beeindruckende thematische Vielfalt: von der Amiga-Konvertierung diverser Spiele über die Beteiligung an einem X-Window-Manager bis hin zu unzähligen Programmen für Softwareentwickler. Bist Du, neben Olaf "Olsen" Barthel, das letzte Universalgenie der Amiga-Programmierzunft ? Oder kannst Du Dich einfach nicht für ein Spezialgebiet entscheiden ?
FW: Ich würde es niemals wagen, meinen Namen zusammen mit Olaf Barthel in einem Atemzug zu nennen. Der programmiert in einer anderen Liga. Persönlich sehe ich mich nur als mittelmäßigen Programmierer an, und habe vermutlich nur deshalb Bekanntheit erlangt, weil es kaum noch gute Amiga-Programmierer gibt. Ich wünschte es wäre anders.

Ein eng abgestecktes Spezialgebiet habe ich in der Tat nicht. Mich interessiert fast alles, was mit Amiga-Programmierung zusammehängt, mit einer gewissen Vorliebe auf der Low-Level-Ebene, was wohl daher kommt, dass ich von 87-94 mehr in Assembler als in C programmiert habe. Seit es die PPC-Boards für den Amiga gibt und seit ich an Volker Barthelmanns "vbcc"-C-Compiler-Projekt beteiligt bin, hat sich das aber total gewandelt. Assembler wird nur noch eingesetzt, wenn unbedingt notwendig.

AG: Das, rein systemstrategisch gesprochen, wohl faszinierendste Projekt, an dem Du gegenwärtig arbeitest, ist die "ppclibemu". Sie behebt (zumindest weitgehend) auf elegante Weise das Problem der beiden inkompatiblen PowerPC-Kernel. Wie bist Du auf die Idee gekommen, PowerUP in der WarpUP-WarpOS-Umgebung zu emulieren ? Und warum bedurfte es erst eines "Außenstehenden", um den Konflikt zwischen phase 5 und Haage & Partner zu beenden ?
FW: Für mich selber ist "ppclibemu" eigentlich nicht das wichtigste Projekt. Der "vbcc"-Compiler, und alle Erweiterungen und Tools die ich dafür mache, haben für mich z. B. einen höheren Stellenwert. Allerdings würde es mich nicht wundern, wenn "ppclibemu" tatsächlich das verbreitetste meiner Programme ist.

Die Idee dazu stammt eigentlich gar nicht von mir. Ich bin seit ewigen Zeiten (lange vor der WarpOS-Ära) in ständigem EMail-Kontakt mit Sam Jordan, und der hatte mal erwähnt, dass so etwas machbar sein könnte, und kurze Zeit danach hatte sich wohl auch jemand gefunden. Leider bekam ich einige Zeit später von Sam zu hören, dass derjenige nicht erfolgreich war und aufgegeben hat, und so ich fasste kurz vor der Computer 98 in Köln den Entschluss, es selber zu probieren.

Das Schwierigste dabei war die Emulation des dynamischen Linkers und der ELF-Loader. Aber dies hatte ich zusammen mit einigen der wichtigsten PowerUp-Funktionen kurze Zeit später fertig, so dass einige einfache, mit "vbcc" compilerte Programme, oder sogar mein "D***"-Port "VD***PPC", damit liefen.

H&P und selbst Sam waren in der ersten Zeit eigentlich gar nicht so besonders an dieser Lösung interessiert. Sie hatten wohl die Befürchtung, dass durch die Emulation die Leute dazu ermutigt werden, weiterhin Programme für PowerUp zu schreiben (und nicht ihren "Storm-C"-Compiler kaufen ;), da das trotzdem alles unter WarpOS läuft.

Die Gruppe von Programmierern, die diese Emulation hätte schreiben können, war nie sehr groß. Phase5 war ganz gewiss nicht daran interessiert - ich denke sogar, dass ich mich dadurch ziemlich unbeliebt gemacht habe. Und bei H&P gab es auch keinen der gleichzeitig Zeit, Interesse und das Wissen über den PowerUp-Kernel mitbringt.

Die Amiga-Community war auch ziemlich schnell in ein WarpUp- und ein PowerUp-Lager zerspalten und keiner wollte etwas mit dem anderen zu tun haben. Ich bin wohl einer der wenigen neutralen Programmierer gewesen und daher scheinbar präedestiniert für diese Aufgabe. :)

AG: Die "ppclibemu" führt die meisten PowerUP-Programme ähnlich schnell aus wie das "Original", manche laufen sogar schneller. Zeigt dies, dass die Lösung von phase 5 technisch wirklich suboptimal war, wie es Sam Jordan von Haage & Partner ja stets behauptet hat ?
FW: Bei aller Freundschaft zu Sam muss ich das verneinen. Zwischen den frühen Versionen von WarpOS und PowerUp gab es im Context-Switching noch große Unterschiede, aber inzwischen sind beide größtenteils gleichwertig.

Beide Lösungen haben ihre Vor- und Nachteile. Dabei werde ich jetzt nicht ins Detail gehen, sonst sprengt dies den Umfang Deines "Amiga-Gadget". :)

Es stimmt, dass einige Dinge unter WarpOS und somit auch mit der "ppclibemu" schneller gehen. Es gibt aber auch viele Programme, die mit der "ppclibemu" unter WarpOS langsamer sind.

AG: Die "ppclibemu" ist Bestandteil der "WarpUP-WarpOS 4"-Distribution. Erhälst Du von Haage & Partner, deren PPC-Kernel durch die Möglichkeit der Emulierung der Konkurrenzlösung ganz erheblich an Atrraktivität für den Endbenutzer gewonnen hat, Unterstützung (materieller oder immaterieller Art) bei der Entwicklung der "ppclibemu" ?
FW: Nein, überhaupt nicht. Habe ich auch nie verlangt. WarpOS selber ist schließlich auch frei. Wieso sollte die "ppclibemu" da eine Ausnahme sein? Sam kriegt für WarpOS zumindest nichts (soweit ich weiß).

H&P hat auch eigentlich gar nichts damit zu tun. Dass "ppclibemu" in der V4 Bestandteil von WarpOS war, ist nur eine Sache zwischen Sam und mir. In der V5 werden wohl ein paar weitere Utilities dazu kommen.

AG: Während sich der Rest der Programmier(er)-Welt für immer höhere Ebenen der Programmiersprachenabstraktion begeistert, das plattformunabhängige Java und Skriptsprachen wie Perl, Python und Rebol im Internet-Zeitalter als "modern" gelten, zeichnest Du für "PhxAss", einen exzellenten und äußerst mächtigen 68k-Assembler, und inzwischen auch für "pasm", einen portablen PowerPC-Assembler verantwortlich. Was fasziniert Dich so an den CPU-Registern, dass Du mit derartig großer Begeisterung in den Untiefen des Systems wühlst ? Und worin liegt in Zeiten bald schon im Gigahertzbereich getakteter Prozessoren der Sinn, auf Assembler zurückzugreifen ?
FW: Ich bin ein Typ, der sein System bis auf die unterste Ebene verstehen muss, sonst bin ich nicht zufrieden. Das ist z. B. auch ein Grund, warum Windows für mich nie in Frage käme - bei dem Chaos blickt ja niemand durch. :)

In den Anfangsjahren des Amigas (die ich ja seit 1987 mitgemacht habe), war Assembler auch die einzige Möglichkeit, die volle Leistung auszuschöpfen. Compiler waren damals teuer, langsam und erzeugten noch keinen so guten Code wie heute. Schon auf dem C64 und seinem Vorgänger VC-20 war deshalb 6502-Assembler meine Wahl.

Eigentlich kann ich nur allen Leuten empfehlen, sich auch einmal mit den "Untiefen des Systems" zu beschäftigen, auch wenn sie nur in Hochsprachen programmieren. Wenn man weiß, was vermutlich an Assembler-Anweisungen hinter einer Zeile C-Code steht, kann man sich vieles besser vorstellen und auch optimalere Programme schreiben.

Es gibt auch heute immer noch Programmteile, die eine enorme Beschleunigung durch die Programmierung in Assembler erfahren. Z. B. wäre mein Q****-Port ohne Assembler-Optimierung um 50% langsamer! Dass die CPUs immer schneller werden, ist noch lange kein Grund, dass die Programme immer schlechter werden müssen, auch wenn das bei anderen Betriebssystemen so üblich ist.

AG: Auf Ebene der so genannten Hochsprachen scheint Dein Herz für C zu schlagen - jedenfalls arbeitest Du an dem portablen ANSI-C-Compiler "vbcc" mit. Worin siehst Du die Vorteile von C gegenüber anderen Hochsprachen ?
FW: C ist meiner Meinung nach die Hochsprache, für die die besten Compiler existieren und für die auch der schnellste Code generiert werden kann (schon mit C++ erhält man im Durchschnitt größere und langsamere Programme). Außerdem lässt sich C schön schnell schreiben und mit einiger Übung auch gut lesen. Im Gegensatz zu anderen Hochsprachen kann man mit C alles machen, sogar hardwarenah programmieren, wie in Assembler.

Im Großen und Ganzen kann man C als komfortablen Makro-Assembler sehen. :)

AG: Mit dem "vbcc" steht nach dem Ende von "DICE" und "SAS/C" die derzeit wohl einzige Alternative zu Haage & Partners "StormC" zur Verfügung - und das zudem noch als Freeware. Glaubst Du, es ist wichtig, dass es auch auf Ebene der Entwicklungswerkzeuge alternative Lösungen gibt ? Oder schadet eine solche "Marktzersplitterung" mehr als sie nutzt - gerade bei einer ohnehin sehr überschaubar gewordenen Entwicklerlandschaft ?
FW: Die einzige Alternative ist leider nicht ganz richtig. Es gibt ja auch noch den "gcc", der ebenfalls Freeware ist. "Gcc" ist ganz sicher der Compiler auf dem Amiga, der für PPC und wahrscheinlich auch für M68k (höchstens "SAS/C" traue ich hier mehr zu) den besten Code erzeugt.

Mir hat "gcc" aber nie gefallen. Er braucht einfach zu viele Resourcen (extrem viel Speicher- und Plattenplatz, compiliert sehr langsam) und passt überhaupt nicht so richtig ins Amiga-Bild. Man merkt immer wieder, dass man es mit Unix-Tools zu tun hat (inkompatible Object-Files, ixemul.library, etc..).

Alternative Lösungen halte ich daher schon für wichtig. Gerade weil "gcc" und insbesondere "StormC" einige Schwächen haben, woran sich manche Leute stören.

"Vbcc" hat auch reichlich Schwächen, aber es sind noch wieder andere. Daher kann sich jeder das Entwicklungswerkzeug aussuchen, was ihm am besten zusagt.

Eine Marktzersplitterung, wie von Dir angesprochen, gibt es auch nicht. Denn "StormC" ist das einzige kommerzielle Produkt.

AG: Eine andere Klientel beglückst Du mit der Amiga-Portierung eines Ego-Shooters von id-Software, der erst vor etwa zwei Jahren von der kanadischen Softwareschmiede clickBOOM kommerziell für den Amiga veröffentlicht worden war. War es einfach, das Programm zu konvertieren ? Konntest Du von Deinen Erfahrungen bei der Portierung eines anderen (älteren) Ego-Shooters von id-Software profitieren - oder unterscheiden sich die 3D-Engines mehr als nur unerheblich ?
FW: Die 3D-Engines unterscheiden sich schon, aber das spielte keine Rolle, da dieser Teil sowieso portabel ist. Entscheidend ist der Amiga-spezifische Code und da konnte ich Teile vom Vorgänger übernehmen.

Die Portierung selber war sehr einfach. Die Quelltexte von id-Software sind sehr schön, und schon von Anfang an auf hohe Portabilität ausgelegt.

AG: Du hast nicht nur eine WarpOS- und eine PowerUp-Version des betreffenden id-Software-Ego-Shooters compiliert, sondern auch eine Fassung für 68k-Amigas. Eine solche bietet jedoch auch clickBOOM selbst an. Warum sollte der gewöhnliche Amiga-Spielefreund Deine Version verwenden, braucht er doch, will er mehr als nur den Demolevel spielen, ohnehin eine Vollversion des Spieles ?
FW: Es gibt einerseits das Standard-Q**** und auf der anderen Seite QW. Letzteres ist von id-Software nicht für M68k erschienen und wurde schon von vielen Leuten sehnlichst erwartet.

Bei der Standard-Version macht es zugegebenermaßen nicht viel Sinn, da das clickBoom-Original auch noch leicht schneller ist. Aber einige Bugs, wie den berüchtigten Sky-Bug, gibt es in meiner Version nicht (dafür ein paar andere :).

AG: Die Portierung der beiden Bestseller aus dem Hause id-Software wurde möglich, nachdem die Firma den jeweiligen Sourcecode kostenlos zur Verfügung gestellt hat. Da nach wie vor die Originalversion (wenn auch gegebenenfalls für ein anderes Computersystem) benötigt wird, profitiert id-Software zumindest indirekt von der Arbeit der engagierten Programmierer, die sich des freien Quelltextes annehmen. Hattest Du keine Bedenken, dem schrumpfenden Markt für Amiga-Spiele so eventuell Kaufkraft (oder auch einfach nur Nachfrage) zu entziehen, die sonst kommerziellen Amiga-Entwicklungen (in diesem Falle also z. B. aus dem Hause Hyperion Software) zugute gekommen wäre ?
FW: Eigentlich nicht. Ich glaube eher, dass dadurch das Interesse an ähnlichen Amiga-Entwicklungen steigt. Die Leute sehen, was auf dem Amiga noch alles möglich ist, und sind vielleicht sogar eher bereit, in kommerzielle Software mit vergleichbar hohen Systemanforderungen zu investieren.

Wenn es dazu beigetragen hat, dass sich einige vielleicht keinen PC geholt haben, um Q***&42; darauf zu spielen, dann wäre ich sehr zufrieden.

AG: Werden Sourcen eines populären Spiels freigegeben, dauert es regelmäßig nicht lange, bis gleich mehrere Umsetzungen zumindest in frühen Versionen vorliegen. Wird so nicht dieselbe Arbeit gleich mehrfach gemacht (von dem älteren der beiden id-Software-Titel liegt bereits gut ein halbes Dutzend unterschiedlicher Amiga-Portierungen vor), werden nicht wertvolle Programmierkapazitäten verschwendet ?
FW: Ja. Aber so ist das halt. Bei gewissen Prestige-Projekten möchte natürlich jeder dabei sein.

Es wurde ja gleich nach der Veröffentlichung der Quelltexte von Sam Jordan der Versuch unternommen, alle Programmierer, die daran Interesse haben, zusammenarbeiten zu lassen. Leider ging das schnell im Chaos unter. Peter McGavin hatte durch seine AD***PPC-Erfahrung als erster einen Port fertig und im Aminet. Ich war auch schon sehr weit und habe mich schließlich mit Steffen Häuser zusammengetan, der bereits Joystick-, Joypad- und CD-Routinen fertig hatte, die mir noch fehlten.

AG: Du veröffentlichst (fast ?) ausschließlich auf Freeware-Basis. Woher kommt dieser Altruismus ? Ärgert es Dich manchmal, dass es weitaus weniger talentierte Programmierer gibt, die für Ihre Programme Geld verlangen - und es gelegentlich auch reichlich bekommen ?
FW: Nein, das ärgert mich überhaupt nicht. Wenn diese Programmierer dadurch beim Amiga bleiben, freut es mich sogar.

Meine einzige Motivation ist es, dem Amiga und der Amiga-Community zu dienen. Da mag verrückt klingen, aber mir liegt eine ganze Menge an diesem System und ich versuche alles Menschenmögliche, um seine Weiterexistenz zu sichern.

AG: Der offizielle Weg des Amiga scheint zurzeit in Richtung Elate zu führen. Traust Du den Ankündigungen - und wenn ja, was versprichst Du Dir von TAOs Betriebssystem ? Oder wiederholt sich nur einmal mehr die Geschichte vollmundiger Ankündigungen und ausbleibender Realisierung ?
FW: Ich weiß es nicht, und ehrlich gesagt interessiert es mich auch nicht. Spätestens seit dem Crash von Escom interessiert mich überhaupt nicht mehr, was der derzeitige Amiga-Besitzer so treibt. Ich glaube nur noch das, was ich sehe.

Wenn es irgendwann einmal einen NG-Amiga mit neuem OS geben würde, werde ich ihn mir sicherlich ansehen, und prüfen, ob er mir gefällt. Vorher mache ich mir keine Gedanken.

Aber zu Deiner Beruhigung: Vom Gefühl her würde ich sagen, dass der jetzige Besitzer zumindest nicht schlechter ist als Gateway. Fleecy Moss sollte mit dem Amiga und seiner Community schon eher etwas anfangen können.

AG: Für die Sicherung der Zukunft des so genannten "AmigaClassic" ist seit längerem die Freigabe des AmigaOS-Quelltextes und/oder die Portierung auf PowerPC-Basis (etwa mit Blick auf IBMs POP-Standard) im Gespräch. Hälst Du dies für eine sinnvolle Alternative zu dem radikalen Bruch mit der Vergangenheit, den Amino plant ?
FW: Ich bin mir nicht sicher, ob sie so sinnvoll ist, aber es wäre die Alternative, die ich persönlich favorisieren würde.

Für eine AmigaOS-Portierung auf IBMs POP-Standard könnte ich mich direkt begeistern. Das war auch ein heißes Thema auf der HEW'99 in Köln, aber umso mehr Zeit verstreicht desto weniger glaube ich, dass dies noch passieren wird.

AG: Wärst Du angesichts Deiner Erfahrungen mit der Systemprogrammierung gerade auch im PowerPC-Umfeld nicht nachgerade prädestiniert, an einer Zukunft des "AmigaClassic" mitzuwirken, wie sie in der vorherigen Frage skizziert wurde ? Oder hast Du mal daran gedacht, an AROS/PPC mitzuentwickeln ?
FW: Daran gedacht habe ich schon. Es gibt so viele schöne Projekte, die ich machen möchte, wenn ich die Zeit hätte. Leider ist es so, dass schon Weiterentwicklung und Support meiner bisherigen Projekte zeitlich kaum möglich ist. Seit ich das Studium beendet habe, gibt es eigentlich nur das Wochenende für größere Sachen.

Soweit ich das verfolgt habe, war und ist AROS immer noch sehr Linux- und Intel-lastig. Diese Schiene interessiert mich überhaupt nicht.

Ich habe nicht einmal einen PC und werde auch nie einen haben. :)

AG: Was hälst Du von den Plänen, ein alternatives (proprietäres) PowerPC-OS (PowerOS, MorphOS) zu schreiben, bei welchem das AmigaOS nur im Rahmen einer 68k-Emulation laufen soll ?
FW: Diese beiden muss man unterscheiden. PowerOS ist sehr AmigaOS-ähnlich, da der Entwickler größtenteils die Amiga-Libraries für den PPC neu schreibt. Das ist sicherlich interessant, aber leider scheint es mir auch schon tot zu sein. Die Reste fließen momentan in AROS/PPC ein, wenn ich das richtig verstanden habe...

MorphOS hingegen hat mit AmigaOS überhaupt nichts zu tun. Das ist, so weit ich weiß, nur ein Unix-ähnlicher PPC-Kernel, bei dem AmigaOS in einer Emulation abläuft. Ähnliches könnte ich haben, wenn ich mir einen LinuxPPC-Rechner mit UAE hole. Uninteressant.

AG: Im Kampf der Unix-Derivate hast Du Dich wohl auf die Seite von NetBSD geschlagen. Misstraust Du dem Linux-Hype ? Oder worin siehst Du die Vorteile von NetBSD gegenüber Linux ?
FW: Linux hat höchstens Vorteile gegenüber NetBSD auf Intel-Plattformen. Während Linux immer noch sehr Intel-lastig ist, wurde NetBSD von Anfang an für alle möglichen Plattformen entwickelt.

NetBSD-Amiga unterstützt bei weitem mehr an Hardware als Linux und ist viel sauberer in das System eingebunden. Ich erinnere mich noch mit Schrecken daran, wie ich einmal versucht habe, LinuxPPC auf meinem Amiga zu starten. Sogar die Grafikkarte und die Auflösung musste man vor dem Start wählen! Na ja, nach einigen Wochen hatte LinuxPPC sich dann auch entschieden, sich selber durch Zerstörung der Root-Partition zu vernichten. :)

Die NetBSD-Releases sind in der Regel sehr stabil und gut getestet, während es mit den Linux-Kernels immer so eine Sache ist. Im Großen und Ganzen gefällt mit die Art, wie die Dinge unter BSD-Unix Derivaten gelöst sind, auch besser als bei SystemV-Unix, wie z. B. auch Linux.

NetBSD ist gerade in Netzwerk- und Sicherheitsfragen Linux überlegen. Viele Internet Provider setzten daher auch auf NetBSD.

Ja, ich denke es ist alles nur Hype... :)

AG: Das einzige Betriebssystem, welches bereits auf Systemebene die derzeitige Amiga-"High End"-Konfiguration unterstützt, ist Linux/APUS. Kannst Du Dir vorstellen, warum es noch keine Bemühungen gibt, einen entsprechenden NetBSD-Kernel zu entwickeln ?
FW: Es gibt solche Bemühungen. Aber der Programmierer, der hauptsächlich dafür zuständig ist, hat scheinbar einfach nicht die Zeit.

Ich habe auch schon überlegt, ob ich dabei helfen sollte, doch leider ist meine Zeit genauso knapp bemessen. Zudem kenne ich mich mit Unix-Kerneln bei weitem nicht so gut aus wie mit AmigaOS.

AG: Du nimmst am "Amiga RC5 Team" teil. Ist das nur "Jux und Dollerei", oder siehst Du in dem Versuch, mittels verteilter Rechenleistung aufwendige mathematische Rechenoperationen durchzuführen, einen tieferen Sinn ?
FW: Wie hast Du das denn herausbekommen? Das steht doch gar nicht auf meiner Home Page? :)

Das war nur eine kurze Phase von wenigen Tagen, wo ich das gemacht habe. Ich habe während dieser Zeit den RC5-Client unter "ppclibemu" getestet, wurde dabei aber schnell durch häufige Abstürze entmutigt, die ich zuerst auf einen Fehler in der "ppclibemu" zurückführte.

Heute weiß ich, dass es ein thermisches Problem mit der CSPPC/233 ist, das fast jeder Besitzer einer solchen Karte hat - aber das ist eine andere Geschichte...

AG: Was gibt es über die Aktivitäten von Frank Wille in der "realen" Welt zu berichten ? Womit verdienst Du Dein täglich Brot ? Wie alt bist Du ? Was macht Dir Spaß, was ärgert Dich ? Und warum wohnst Du freiwillig in Herford :) ?
FW: Ich bin, manchmal glaube ich es selber kaum, schon 31, habe Naturwissenschaftliche Informatik mit Fachrichtung Physik und Diplomarbeit in Robotik an der Uni Bielefeld studiert und arbeite derzeit in Bielefeld beim zweitgrößten Kassenhersteller Europas als Programmierer für Unix-Kassen.

In meiner Freizeit spiele ich leidenschaftlich gerne Fußball und bin großer Star-Trek und Babylon5-Fan. Im Sommer lasse ich kein Wochenende aus, um an die Nordsee zu düsen, sei es Ost-, Nordfriesland oder Dänemark.

Was mich ärgert? Die unverschämt hohen Benzinpreise und dass sich in der Welt immer das Schlechteste durchsetzt (VHS, Intel, Windows, IDE, etc.).

In Herford wohne ich noch, weil ich mir noch kein Haus an der Nordsee leisten kann. :) Tja, ich bin hier geboren, im Regenloch zwischen Porta-Westfalica und Teutoburger Wald, und habe alle Freunde hier, daher werde ich wohl auch noch ein bisschen bleiben. ;)

AG: Es stehen noch die beiden traditionellen "Gadget"-Fragen aus. Kennst (und, wenn ja, wie findest) Du das "AmigaGadget" ? Und wer wird Deutscher Meister 1999/2000 - Werder dürfte es ja wohl eher schwer haben ?
FW: Ehrlich gesagt, ich kannte vor Deiner Anfrage nur den Namen. Gelesen hatte ich vorher nie eins. Aber das habe ich inzwischen nachgeholt, und muss sagen, dass es gar nicht so schlecht ist. ;) Ich werde wohl in Zukunft öfter mal reinschauen.

Ich fürchte, Deutscher Meister wird der allseits beliebte Club aus der bayrischen Hauptstadt, mit seinem sympathischen Manager. :)

Werder holt den UEFA-Cup!

AG: Du bist auch insofern eine Ausnahme unter der Amiga-Prominenz, als Du Dich dazu bekennst, Fußballfan zu sein. Woran liegt es, dass der Kampf auf dem grünen Rasen bei anderen Programmierern und Computerfreaks zumeist eher Nasenrümpfen hervorruft ?
FW: Gute Frage. Da musst Du vielleicht die fragen, bei denen es Naserümpfen verursacht. Vielleicht sind Computer-Freaks größtenteils einfach unsportlich?

Ich finde es geradezu ideal, wenn man nicht nur Fußball-Fan ist, sondern auch als Programmierer selber aktiv Fußball spielt. Das ist ein sehr guter Ausgleich zu den langen Abenden vor dem Rechner und macht den Kopf wieder frei. :)

Wenn ich mich recht erinnere, fällt mir nur ein bekannter Programmierer ein, der auch Fußball spielt: Christian Bauer ("Frodo" und "Shapeshifter"). Da war mal ein Foto auf seiner Home Page...

AG: Herzlichen Dank für die Beantwortung der Fragen ! Und weiterhin alles Gute !
FW: Kein Problem, wünsche ich Dir auch!

[ Das Interview führte (an) für das "AmigaGadget". ]

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