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Test: FTPMount 1.2

Name : FTPMount Version : 1.2
Vertriebsform : Freeware Genre : FTP-Tool
Fundort : Aminet (comm/tcp/FTPMount_upd.lha) Autor : Thies Wellpott

Für Unix-User ist es eine Selbstverständlichkeit. Es gehört zur Philosophie dieses Betriebssystems, Datenspeicher, die über Netzwerke adressiert werden, praktisch genauso zu behandeln, wie lokale Datenspeicher. Somit ist es auch kein Problem, z.B. eine FTP-(File Transfer Protocol = ein Internet-Protokoll zur Übertragung von Daten)Site unter Unix wie eine zusätzliche Festplatte einzubinden und auf ihr mit den üblichen Systembefehlen zu arbeiten. Die Benutzung eines zusätzlichen FTP-Clients wird dadurch überflüssig. Der Amiga, der erst vor wenigen Jahren das Internet für sich entdeckte, kann von Haus aus nicht mit entsprechenden Fähigkeiten aufwarten. Doch dann setzte sich Evan Scott hin und entwickelte "FTPMount", das es ermöglichte, auch das AmigaOS FTP-"kompatibel" zu machen. Mitte Mai ist nun nach zweijähriger Wartezeit Version 1.2 von "FTPMount" im Aminet erschienen - eine von Thies Wellpott, der auch die weitere Entwicklung übernommen hat, kräftig überarbeitete Fassung des ursprünglichen Programmes.

Um "FTPMount" 1.2 nutzen zu können, benötigt man zunächst Version 1.0. Auch diese ("FTPMount-1.0.lha") liegt im Aminet-Verzeichnis "comm/tcp". Hat man das Archiv entpackt, übernimmt der "Installer" die eigentliche Installation. Doch schon hier muß man an einigen Stellen wichtige Angaben machen. So legt "FTPMount" z.B. zwei ENV-Variablen namens USER und HOST an, mit denen eine e-Mail-Adresse als Paßwort für anonyme FTP-Sitzungen erstellt und übermittelt wird, wie es von den meisten FTP-Servern verlangt wird (ob man die richtige Adresse verwendet, kann aber natürlich nicht festgestellt werden). Weiterhin gilt es zu bestimmen, wo der FTP-DOSDriver abgelegt werden soll. Denn "FTPMount" fügt dem OS ein neues Device namens "FTP:" hinzu, über das einzelne FTP-Sites adressiert werden können. Dieses muß vor Benutzung angemeldet, "gemountet" werden. Legt man den zugehörigen DOSDriver in DEVS:DOSDrivers ab, so geschieht das automatisch beim Systemstart. Kopiert man ihn hingegen nur in DEVS:Storage, so muß man ihn manuell, d.h. entweder über Doppelklick auf das Workbench-Icon oder mit "mount ftp:" über die Shell anmelden. Hat man sich entschieden, was einem lieber ist, ist auch schon der komplizierteste Teil der Installation abgeschlossen. Allerdings gilt es danach noch, das Update auf Versionsnummer 1.2 durchzuführen. Und hier kommt man an solider Handarbeit nicht vorbei. Den "FTPMount-Handler", für den es nun auch eine optimierte Version für 68020er-Prozessoren gibt, muß man in das "L"-Unterverzeichnis des "FTPMountDir"-Verzeichnisses kopieren. Außerdem gibt es zwei Tools - neben einer Debugging-Version des Handlers auch ein Programm zum Verschlüsseln von Paßwörtern für private FTP-Sitzungen -, die ebenfalls manuell an den gewünschten Ort kopiert werden müssen.

Voraussetzung, um "FTPMount" benutzen zu können, ist natürlich eine funktionsfähige Internetverbindung. Verfügt man über diese, wird der Datentransfer jedoch nun zu einem Kinderspiel. Nach Anmeldung des "FTP:"-Devices kann man auf beliebige FTP-Adressen im Prinzip wie auf Unterverzeichnisse einer AmigaOS-Festplatte zugreifen. Natürlich gilt das nicht uneingeschränkt. So ist es derzeit z.B. noch nicht möglich, in einer Sitzung auf mehrere Dateien gleichzeitig zuzugreifen. Man kann somit nicht eine Datei, auf die man lesend per FTP zugreift, in einem Schritt auch wieder, z.B. unter einem anderen Namen, via FTP abspeichern. Auch kann eine Datei entweder nur gelesen oder nur geschrieben werden, das Edieren etwa von ASCII-Dateien ist somit über "FTPMount" nicht möglich. Aber solange man sich auf die üblichen FTP-Aktionen beschränkt, wird über "FTPMount" der Datenspeicher des FTP-Servers elegant in das eigene System integriert. So ist es z.B. problemlos möglich, das AmigaOS-Patternmatching zum Kopieren von Dateien zu verwenden, oder Batchdateien zu erstellen, die etwa aus Aminet-Recent-Informationen extrahierte Dateien übertragen. Auch kann man Grafiken oder Texte direkt mit einem Programm seiner Wahl anzeigen lassen, ohne sie vorher erst irgendwo auf Festplatte ablegen zu müssen. Der Verbindungsaufbau zu einer FTP-Adresse erfolgt dabei ebenfalls völlig AmigaOS-konform. Man muß lediglich die Adresse als Unterverzeichnis des FTP:-Devices angeben. So gelangt man beispielsweise mit "cd ftp:ftp.uni-paderborn.de" auf den FTP-Server der Universität Paderborn. Etwaige Nachrichten (z.B. die üblichen Welcome-Informationen) werden dabei in einem Requester ausgegeben. Darüber hinaus bietet "FTPMount" aber auch zusätzliche Optionen an. Man kann beispielsweise auch die FTP-Adresse wie ein Unterverzeichnis behandeln und, sofern man den genauen Pfad kennt, direkt auf ein bestimmtes Verzeichnis des FTP-Servers zugreifen. Erfreulicherweise unterstützt "FTPMount" hier auch Unix-Links, so dass es möglich ist, mit "cd ftp:ftp.uni-paderborn.de/aminet/" direkt in den Paderborner Aminet-Mirror zu wechseln. Und selbst private FTP-Sitzungen sind kein Problem. Hierzu muß man lediglich getrennt durch ein "@" dem Namen des Servers den Usernamen voranstellen. Dann öffnet sich ein Requester, in den man das Paßwort eingeben kann, um Zugang zu diesem Account zu erhalten. Läßt man den Usernamen weg und gibt nur ein "@" vor dem Servernamen an (also z.B. "cd ftp:@mailer.uni-marburg.de"), so kann man auch den Usernamen direkt in den Requester eingeben. Und dank des Updates auf 1.2 kann man über das CLI sogar einen speziellen Port angeben, der vom für FTP üblichen Port 21 abweichen kann. Dazu ist dieser lediglich mit einem Komma der URL hinzuzufügen.

Über die Workbench ist die Bedienung sogar noch ein Stückchen einfacher. Einmal aktiviert, legt "FTPMount" ein Icon auf die Workbench, in dem sich voreingestellt schon alle FTP-Sites befinden, die als Schublade im Unterverzeichnis "Hosts" des "FTPMountDir"-Verzeichnisses liegen. Darüber kann man sich also einfache Verbindungen zu häufig genutzten FTP-Adressen einrichten. Das ist besonders reizvoll, weil eine reiche Anzahl von Tooltypes zur Verfügung steht, mit denen man den Zugriff auf diese Sites weitgehend im Vorfeld vorkonfigurieren kann, so dass man bei der "FTPMount"-Nutzung selbst später kaum mehr tun muß, als auf das zugehörige Icon zu klicken. So kann man hier u.a. Username und Paßwort für private FTP-Sitzungen angeben. Dank Version 1.2 muß letzteres nicht einmal mehr im Klartext aufgenommen werden. Um den Account vor unberechtigten Zugriffen (etwa via Telnet) von Leuten, die Zugang zu dem verwendeten Amiga haben, zu schützen, kann man sein Paßwort mit dem CLI-Programm "GenFTPpassword" verschlüsseln lassen, so dass lediglich "FTPMount" es entschlüsseln kann. Da jedoch keinerlei Angaben zum verwendeten Verschlüsselungsalgorithmus vorhanden sind, kann über die Sicherheit des Verfahrens nur spekuliert werden. Und vor unberechtigten FTP-Zugriffen schützt es ohnehin nicht - wer an den Rechner rankommt, kann auch "FTPMount" starten. Aber es ist immerhin sicherer, als das Paßwort gänzlich ungeschützt im Klartext auf Festplatte abzulegen. Weiterhin kann man über die Tooltypes nicht nur, wie über CLI, ein Anfangsverzeichnis, sondern auch den Hostnamen festlegen. Ist das geschehen, wird nicht, wie sonst üblich, der Name der Schublade als Name des FTP-Servers interpretiert. Damit ist es möglich, den Schubladen leicht verständliche Namen zu geben (z.B. "Aminet") statt den manchmal doch eher kryptischen Hostnamen (z.B. "ftp.wustl.edu") verwenden zu müssen. Über insgesamt dreizehn Tooltypes kann man so "FTPMount" nach eigenen Wünschen vorkonfigurieren, so dass die Nutzung des Internets dann wirklich per Mausklick erfolgen kann. Aber auch nur temporär aufgebaute Verbindungen führen dazu, dass ein entsprechendes Icon in der "FTPMount"-Schublade erscheint. Eins sollte man jedoch auf jeden Fall beachten, wenn man "FTPMount" über die Workbench verwendet. Programme, die wie z.B. "DefIcons" jede Datei kurz überprüfen, um sie zu identifizieren und ihr eventuell ein passendes Icon zuzuordnen, sollten deaktiviert sein, will man nicht minutenlange Ladeorgien auf sich laden.

Der aktivierte Handler fügt dem System ein Commodity hinzu. Damit ist es möglich, sich jederzeit eine Liste der gerade geöffneten FTP-Verbindungen anzeigen zu lassen. Diese wirkt allerdings ein wenig antiquiert. Hier ist das GUI-Design in den letzten Jahren doch etwas weiter fortgeschritten. Aus dieser Liste kann man dann schließlich einen beliebigen Eintrag einfach anklicken und erhält - in einem ebenfalls reichlich altmodisch gestaltetem Fenster - die dazugehörigen Statusinformationen, sowie die Möglichkeit, die entsprechende Verbindung mehr oder auch weniger abrupt zu beenden. Über das Commodity kann man sogar alle geöffneten Verbindungen auf einen Schlag trennen und den Handler mitsamt dem Workbench-Icon aus dem System entfernen.

Im Test waren bei "FTPMount" - unter Vermeidung der in der Dokumentation als fehlerträchtig beschriebenen Verhaltensweisen - keine Programmfehler zu entdecken, illegale Speicherzugriffe erfolgten nicht. Zwar ist die Performance noch verbesserungswürdig, die "To Do"-Liste der Update-Anleitung trägt dem jedoch bereits auf beeindruckende Weise Rechnung. Der einzige wirkliche Schwachpunkt des Systems ist die Verteilung auf zwei Archive und die ungenügende Anleitung. Liegt "FTPMount" 1.0 noch ein englischsprachiges AmigaGuide-Dokument bei, erhält man mit dem Update nur eine Handbuchergänzung in Form einer reinen Textdatei. Wie die beiden Archive sollte auch die Anleitung konsequent zusammengeführt werden. Insbesondere unerfahrenere User dürften dann besser mit dem Programm klarkommen. Und, daran soll kein Zweifel bestehen, das hätte dieses hervorragende Freeware-Produkt verdient. Die Grundidee ist einfach, aber genial. Und die Umsetzung weiß in jeder Hinsicht zu überzeugen. Gerade wenn man viel mit dem System arbeitet, wird man es zu schätzen wissen, auch FTP mittels der einem bereits bestens vertrauten Umgebung nutzen zu können. Dank des internen Cachings merkt man, eine entsprechend schnelle Verbindung vorausgesetzt, manchmal gar nicht mehr richtig, ob man nun auf eine Diskette oder eine FTP-Site zugreift. Und wer nun wirklich nicht auf einen FTP-Client verzichten will, kann auch das haben. Da "FTPMount" die jeweiligen FTP-Sites wie einen normalen Datenträger ins System einbindet, kann man jedes beliebige Directory-Tool (wie z.B. "Directory Opus") zum ganz persönlichen FTP-Client machen. Mit der Ausnahme, dass der dann vermutlich weit mehr Funktionen als die herkömmlichen Lösungen bietet.

(c) 1998 by Andreas Neumann

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